Siegmund und Mina Ruschkewitz
Siegmund Ruschkewitz wurde 1871 in Danzig geboren. Seit 1898 lebte er in Würzburg, wo er im gleichen Jahr das Kaufhaus Ruschkewitz am Dominikanerplatz gründete. Später in der Schönbornstraße entwickelte es sich bald zu einem der erfolgreichsten Geschäfte der Branche in Unterfranken.
Mit seiner ersten Ehefrau Johanna hatte er drei Söhne: Max, Fritz und Ernst. Mina Ruschkewitz war seine zweite Frau. 1905 hatte sie den zehn Jahre älteren Witwer mit seinen drei kleinen Söhnen geheiratet. Ihr gemeinsamer Sohn Hans wurde zwei Jahre später geboren.
Sobald die Kinder es erlaubten, arbeitete Mina Ruschkewitz im Geschäft ihres Mannes mit. Bei Kunden und Angestellten war sie sehr beliebt. Mit offenen Armen empfing sie allmorgendlich bei Ladenöffnung ihre Kunden.
Die wohlhabende Familie wohnte in der Ludwigstraße 1 ½ und besaß ein Sommerhaus im Steinbachtal. 1914 erwarb Siegmund Ruschkewitz sogar einen Brunnen, den er der Stadt spendete.
Alle Söhne nahmen nach ihrer Ausbildung Aufgaben im elterlichen Geschäft wahr, waren Mitglieder des Rhönclubs, von Reiter- Ruder- oder Fußballvereinen.
Nach 1933 war das Kaufhaus Ruschkewitz massiven wirtschaftlichen Repressalien ausgesetzt. Siegmund Ruschkewitz gab auf und verkaufte seine Geschäfte im November 1935 an Josef Neckermann, der den Preis auf ca. 50.000.-RM gedrückt hatte.
Im Februar 1936 zogen die Eheleute nach Berlin, wo seit einem Jahr bereits ihr Sohn Hans wohnte.
Während es diesem gelang nach Johannesburg zu emigrieren, war es für das Ehepaar nicht einfach, sich in Sicherheit zu bringen.
Da die englischen Behörden kaum noch deutsche Flüchtlinge nach Palästina ließen, wurden illegale Transporte mit Billigung der Gestapo organisiert. So konnte das Ehepaar Ruschkewitz 1940 über Preßburg (heute Bratislava) mit einem kleinen Donauausflugsdampfer nach Rumänien gelangen, wo drei kaum hochseetüchtige griechische Schiffe auf die ca. 4000 Flüchtlinge u.a. aus Berlin, Hamburg und Wien warteten: zwei Fischtrawler, die „Pacific“ und die „Milos“ und die größere „Atlantic“.
Sie erlebten auf der völlig überfüllten „Atlatic““ eine wochenlange Irrfahrt, auf der sie unter extrem beengten und hygienisch unzureichenden Verhältnissen ausharren mussten. Auch an Trinkwasser und Nahrung mangelte es. Schließlich brach an Bord Typhus aus. Siegmund Ruschkewitz, der seinen Lebensmut verloren hatte, war eines der ersten Opfer. Er starb am 17. Oktober 1940. Mina hatte ihren siebzigjährigen kranken und depressiven Mann noch aufopferungsvoll gepflegt, erlag aber bald danach am 7. November auch der Krankheit. Beide wurden auf dem jüdischen Friedhof von Heraklion begraben.
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Quellen
Datenbank Jüdisches Unterfranken, https://www.historisches-unterfranken.uni-wuerzburg.de/juf/Datenbank/
Roland Flade, Ruschkewitz – eine Würzburger Familie, www.youtube.com (29.5.2024)
Roland Flade, Die Würzburger Juden, 2. Aufl. Würzburg 1996, S. 212, 221, 327, 369/70
Fotos: geni.com