Politisch Verfolgte

Deutschland 1933

Unmittelbar nach der Machtergreifung am 30. Januar 1933 begannen die Nationalsozialisten mit der Ausschaltung der demokratischen Parteien. Mit der „Reichstagsbrandverordnung“ vom 28. Februar 1933 setzten sie wichtige Grundrechte, wie freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit, Versammlungsrecht usw. außer Kraft. Mitglieder und Funktionäre der SPD und der KPD sahen sich massiven Repressalien, Verfolgungen und Verhaftungen ausgesetzt, Parteihäuser wurden besetzt, Zeitungen verboten. Die politischen Mandate der gewählten KPD-Mitglieder wurden annulliert.

Mit dem sogenannten Ermächtigungsgesetz vom 23. März hob das Parlament die Gewaltenteilung auf. Gesetze wurden nicht mehr vom Parlament verabschiedet. Nach der Zerschlagung der KPD und dem Verbot der SPD am 22. Juni, lösten sich die bürgerlichen Parteien auf. Kurz darauf wurde die Neubildung von Parteien verboten. Deutschland war nun ein nationalsozialistischer Einparteienstaat.

Würzburg 1933

Am 9./10./11. März 1933 fanden auch in Würzburg gewaltsame Aktionen zur Machtergreifung statt. Gegen den Widerstand von Oberbürgermeister Löffler wurde am Rathaus die Hakenkreuzfahne aufgezogen. Auf der Festung Marienberg errichtete die SA ein wildes KZ, in dem Personen misshandelt wurden.

SA und SS besetzten die Redaktionsräume der katholischen Zeitung „Fränkisches Volksblatt“ und des SPD nahen „Fränkischen Volksfreundes“ und verhafteten mehrere Personen, unter ihnen den Hauptschriftleiter, den Geistlichen Rat Heinrich Leier.

StadtAW Besetzung des Fränkischen Volksblatts am 19.04.1933

Das Sekretariat der Würzburger SPD in der Semmelstraße wurde durchsucht, ebenso wie das Gewerkschaftshaus in der Augustinerstraße, das man gleich nach dem Gauleiter in „Dr.-Otto-Hellmuth-Haus“ umbenannte. Zentnerweise wurde an beiden Orten „Propagandamaterial“ beschlagnahmt, um es am gleichen Abend auf dem Residenzplatz zu verbrennen.

Die im Gewerkschaftshaus Beschäftigten wurden ins „Braune Haus“, das Palais Thüngen gegenüber dem Bischofspalais, gebracht. Man ließ sie nach einem Tag wieder frei, im Gegensatz zu den Funktionären und den bekannteren Mitgliedern der KPD, der SPD und des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, die in Schutzhaft genommen und in das Landgerichtsgefängnis in der Ottostraße gebracht wurden.

Von den etwa 100 in Würzburg und im Umland festgenommenen Kommunisten wurde ein großer Teil nach Dachau „verschubt“, unter ihnen auch der Gewerkschaftssekretär Franz Wirsching, der später dort umkam.

Nachdem die Stadträte von BVP (Bayerische Volkspartei) und SPD ihre Mandate gezwungenermaßen niedergelegt hatten, war der Würzburger Stadtrat im Juli 1933 nur noch mit Nationalsozialisten besetzt.

Würzburg nach 1933

Ein organisierter Widerstand ging noch kurze Zeit von kommunistischen Zellen aus, die aber bald zerschlagen wurden. Die KPD Mitglieder beschränkten sich auf gegenseitige Hilfe, tauschten Nachrichten aus und unterhielten Kontakte zum Ausland. Sie wurden als „Landesverräter“ verfolgt. So auch Georg Friedrich Hornung, der als aktives Mitglied der KPD schon 1932 bei einem Wahlkampfauftritt Hitlers in der Ludwigshalle die Stromversorgung unterbrach um die Veranstaltung zu stören. Er starb Jahre später nach seiner Verfolgung und Verhaftung in einer Zelle des Gefängnisses Berlin Moabit.

In den folgenden Jahren wurden immer wieder Menschen ohne Parteizugehörigkeit wegen ihrer politisch missliebigen Äußerungen denunziert und in Konzentrationslager gebracht. Auch Philipp Tripp, der 1942 zum zweiten Mal wegen seiner „böswilligen, gehässigen und ketzerischen“ Äußerungen und seines freundlichen Umgangs mit Zwangsarbeitern zu einer zweijährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden war und gleich nach seiner Entlassung als Vorbeugehäftling ins Konzentrationslager kam. Andere Menschen, die wegen kritischer Äußerungen von der Gestapo verhört wurden, nahmen sich, wie die Geschäftsfrau Hedwig Müller, aus Angst vor einem ähnlichen Schicksal das Leben.

Die katholische Kirche bestand als einzige nicht gleichgeschaltete Organisation weiter. Dreimal stürmten die Nationalsozialisten das bischöfliche Palais. In keiner anderen deutschen Diözese wurden so viele Priester verhaftet wie in Würzburg (141). Die in Dachau und anderen Konzentrationslagern Inhaftierten mussten Hunger und brutale Behandlung ertragen, die drei von ihnen nicht überleben, darunter Georg Häfner.

Alle, auch Homosexuelle, Juden, Sinti und Roma, bei denen man eine Gegnerschaft zum Nationalsozialismus vermutete, mussten in den Konzentrationslagern als politische Häftlinge einen roten Winkel an ihrer Kleidung tragen.

Nach 1945

Politisch Verfolgte wurden nach 1945 von der Bundesrepublik als Opfer des Nationalsozialismus eingestuft. Die Überlebenden hatten Anspruch auf Entschädigungszahlungen, jedoch zogen sich entsprechende Prozesse über so viele Jahre hin, dass die Angehörigen der KPD, nach dem Verbot der Partei 1956, ihren Anspruch auf Wiedergutmachung nicht mehr geltend machen konnten.