Zeugen Jehovas

Glaube gegen Ideologie

Die Nationalsozialisten verboten schon kurz nach der Machtübernahme in den meisten Ländern die „Internationale Bibelforscher-Vereinigung“ zu der auch die Zeugen Jehovas gehörten. Deren absolute Loyalität gegenüber den biblischen Geboten führte zum Konflikt mit dem nationalsozialistischen Regime, das für sich unbedingten Gehorsam forderte.

Das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ bedeutete, dass die Zeugen Jehovas den Wehrdienst verweigerten. Da das Heil nur von Gott kommen konnte, durfte ein Mensch nicht mit „Heil“ gegrüßt werden, also wurde der Hitlergruß verweigert.  Sie nahmen weder an Wahlen noch an Spendenaktionen teil und lehnten die Mitgliedschaft in NS-Organisationen wie z. B. „Deutsche Arbeitsfront“ ab, was für sie oft den Verlust ihres Arbeitsplatzes zur Folge hatte. Ihre Einstellung zur Gleichheit der Menschen vor Gott widersprach der Rassenlehre der Nationalsozialisten. Man unterstellte ihnen die Nähe zum Judentum und betrachtete sie als „Wegbereiter des jüdischen Bolschewismus“.

Wegen dieser abweichenden Weltsicht wurden sie von den Nationalsozialisten als Staatsfeinde angesehen und verfolgt.

Verbot und Verfolgung

Nachdem die Zeugen Jehovas kurz nach der Machtübernahme 1933 reichsweit verboten worden waren, richtete man in der Berliner Zentrale der Geheimen Staatspolizei ein Sonderreferat zur Bekämpfung der Glaubensgemeinschaft ein. Ihre Mitglieder wurden bespitzelt und verfolgt.

1936/37 machten die Zeugen Jehovas mit Flugblattaktionen auf ihre Unterdrückung national und international aufmerksam, was zu einer weiteren Verschärfung der Verfolgungsmaßnahmen führte. Es kam zu Massenfestnahmen. Sondergerichte verurteilten die Festgenommenen zu mehrmonatigen Gefängnisstrafen. Leitende Mitglieder der Gemeinden und „Wiederholungstäter“ nahm die Gestapo danach in „Schutzhaft“ und brachte sie in Konzentrationslager.

Verhafteten Zeugen Jehovas hatten die Möglichkeit eine „Verpflichtungserklärung“ zu unterschreiben, was jedoch bedeutet hätte, dass sie ihren Glauben als Irrlehre anerkannt hätten. Dies bot die Gestapo Würzburg auch Josef Thalheimer nach seiner Verhaftung im August 1937 an. Als er dazu nicht bereit war, wurde er zu vier Monaten Gefängnis verurteilt und als „Schutzhäftling“  ins Konzentrationslager Dachau eingewiesen. Er kam nicht mehr frei und starb 1940 im KZ Mauthausen. Seine Frau Elisabeth überlebte den Aufenthalt in mehreren Konzentrationslagern.

Bis 1939 wurden Zeugen Jehovas, die ja aus Glaubensgründen den Wehrdienst verweigerten, von den Gerichten mit zwei Jahren Gefängnis bestraft. Nach Kriegsbeginn mussten sie, wie andere Wehrdienstverweigerer auch, mit dem Todesurteil rechnen.

In den Konzentrationslagern

In den ersten Jahren bestand ein größerer Teil der Häftlinge in den Konzentrationslagern aus Zeugen Jehovas.

Nach der Einweisung brachte man sie in Sonderlagern unter oder steckte sie drei Monate in Strafkompanien, wo sie Prügelstrafen und verbale Demütigungen erleiden mussten. Später wurden sie in eigenen Barracken untergebracht.

Da die Zeugen Jehovas auch noch in den Konzentrationslagern die„Verpflichtungserklärung“ unterschreiben konnten, waren sie die einzige Häftlingsgruppe, der man jemals das Verlassen eines Konzentrationslagers angeboten hat.

Aufgrund ihres ausgeprägten Gemeinschaftsgeistes konnten sie den harten Lageralltag besser meistern als viele andere Häftlingsgruppen und ihre eigenen Überlebensstrategien entwickeln. Sie blieben meist unter sich, beteiligten sich nicht am Widerstand und lehnten eine Flucht aus Gottergebenheit ab.

Von den über 2.800 in Konzentrationslagern Inhaftierten kamen bis 1945 etwa 1.000 Frauen und Männer ums Leben.